Wenn ein Paar in der Schweiz heiratet, ist die Wahl des Güterstands eine entscheidende Entscheidung, die sich direkt auf die Verwaltung des Vermögens während des gemeinsamen Lebens sowie auf dessen Aufteilung im Falle einer Scheidung oder eines Todesfalls auswirkt. In der Schweiz ist das Errungenschaftsbeteiligungsregime der gesetzliche Güterstand, wenn kein spezifischer Ehevertrag abgeschlossen wird. Dieses Regime vereint individuellen Schutz mit einer fairen Aufteilung der während der Ehe erworbenen Vermögenswerte.
In diesem Artikel erklären wir die Merkmale dieses Regimes, seine Vorteile und Nachteile sowie die Folgen, die es für Ehepartner haben kann.
Was ist das Errungenschaftsbeteiligungs-Regime?
Das Errungenschaftsbeteiligungs-Regime basiert auf einer Unterscheidung zwischen zwei Arten von Vermögen: Eigengut und Errungenschaft. Jeder Ehepartner behält das Eigentum an seinem Eigengut, während das während der Ehe erworbene Vermögen als Errungenschaft betrachtet wird. Im Falle der Auflösung der Ehe (Scheidung oder Tod) wird dieses Vermögen aufgeteilt.
- Eigengut: Dies umfasst das Vermögen, das jeder Ehepartner vor der Ehe besitzt, sowie bestimmte Arten von während der Ehe erworbenem Vermögen, wie Erbschaften, Schenkungen oder persönliche Gegenstände (Kleidung, Schmuck usw.). Das Eigengut bleibt im Besitz jedes Ehepartners.
- Errungenschaft: Dies sind Vermögenswerte, die die Ehepartner während der Ehe durch Arbeit oder Einkünfte aus ihrem Eigengut erworben haben. Zum Beispiel zählen Gehälter, Zinserträge eines Bankkontos oder der Kauf eines Hauses während der Ehe zur Errungenschaft. Dieses Vermögen wird im Falle der Auflösung der Ehe zwischen den Ehepartnern aufgeteilt.
Wie funktioniert das Regime während der Ehe?
Während der Ehe bleibt jeder Ehepartner Eigentümer seines Eigenguts und verwaltet seine Errungenschaft unabhängig. Es gibt keine Gemeinschaft von Vermögenswerten während der Ehe, was bedeutet, dass jeder sein Vermögen selbst verwalten kann, ohne die Zustimmung des anderen einholen zu müssen, es sei denn, es betrifft die Verwaltung des Haushalts oder wesentliche gemeinsame Güter (z. B. das Familienheim).
Vermögensaufteilung im Falle der Auflösung der Ehe
Im Falle einer Scheidung oder eines Todesfalls gilt die Hauptregel des Errungenschaftsbeteiligungs-Regimes: Jeder Ehepartner hat Anspruch auf die Hälfte der Errungenschaft des anderen. Der Aufteilungsprozess erfolgt in mehreren Schritten:
- Unterscheidung von Eigengut und Errungenschaft: Zunächst muss festgelegt werden, welche Vermögenswerte zur Errungenschaft und welche zum Eigengut gehören. Nur die Errungenschaft wird geteilt.
- Teilung der Errungenschaft: Sobald die Errungenschaft jedes Ehepartners berechnet wurde, wird diese zusammengezählt und gleichmässig geteilt. Jeder Ehepartner erhält die Hälfte der Errungenschaft des anderen.
Ein konkretes Beispiel: Wenn ein Ehepartner während der Ehe 200.000 CHF an Errungenschaft angesammelt hat und der andere 100.000 CHF, erhält im Falle einer Scheidung jeder 150.000 CHF (die Summe der Errungenschaften geteilt durch zwei).
Vorteile des Errungenschaftsbeteiligungs-Regimes
- Schutz des Eigenguts: Vermögenswerte, die vor der Ehe erworben wurden, sowie Erbschaften oder Schenkungen, die während der Ehe erhalten wurden, bleiben im ausschliesslichen Besitz jedes Ehepartners. Dies schützt das persönliche und familiäre Vermögen.
- Finanzielle Unabhängigkeit: Jeder Ehepartner behält während der Ehe die unabhängige Verwaltung seines Vermögens. Dies ermöglicht es, die finanzielle Autonomie zu bewahren und gleichzeitig das gemeinsam erwirtschaftete Vermögen zu teilen.
- Gerechtigkeit im Scheidungsfall: Das Errungenschaftsbeteiligungs-Regime gewährleistet eine faire Aufteilung des Vermögens, das durch die gemeinsamen Anstrengungen der Ehepartner während der Ehe erwirtschaftet wurde. Es berücksichtigt den Beitrag beider Partner, ob finanziell oder anderweitig.
- Schutz des nicht erwerbstätigen Ehepartners: Dieses Regime schützt auch den Ehepartner, der kein eigenes Einkommen hat oder auf andere Weise zur Familie beiträgt (z. B. durch die Betreuung der Kinder). Er erhält im Falle der Auflösung der Ehe die Hälfte der während der Ehe erwirtschafteten Vermögenswerte.
Nachteile des Regimes
- Komplexität im Scheidungsfall: Die Unterscheidung zwischen Eigengut und Errungenschaft kann manchmal problematisch sein, insbesondere wenn beide Vermögensarten vermischt werden (z. B. wenn Eigengut verwendet wird, um einen gemeinsamen Kauf zu finanzieren). Dies kann bei der Vermögensaufteilung zu Streitigkeiten führen.
- Begrenzter Schutz des Familienvermögens: Obwohl das Eigengut geschützt ist, können Vermögenswerte, die durch Einkünfte aus diesem Vermögen erwirtschaftet wurden, als Errungenschaft betrachtet werden. Dies kann den Schutz des vor der Ehe bestehenden Vermögens reduzieren.
- Zwangsteilung der Errungenschaft: Auch wenn ein Ehepartner während der Ehe mehr zur Errungenschaft beigetragen hat, sieht das Gesetz eine gleichmäßige Aufteilung vor. Dies kann als unfair empfunden werden, insbesondere wenn die Einkommen der Ehepartner stark unterschiedlich sind.
Der Ehevertrag: Anpassung des Regimes
In der Schweiz ist das Errungenschaftsbeteiligungs-Regime der gesetzliche Güterstand, aber Ehepartner können sich dafür entscheiden, dieses Regime anzupassen oder einen anderen Güterstand (wie Gütertrennung oder Gütergemeinschaft) zu wählen, indem sie einen Ehevertrag bei einem Notar abschliessen. In diesem Vertrag können spezifische Anpassungen vorgenommen werden, zum Beispiel um festzulegen, dass bestimmte während der Ehe erworbene Vermögenswerte nicht als Errungenschaft gelten, oder um spezielle Teilungsmodalitäten festzulegen.