Besuchsrecht für Dritte in der Schweiz: Nähe statt Blutsverwandtschaft

Wenn die Liebe über Familie hinausgeht: Besuchsrecht für Dritte in der Schweiz

 

Eine Trennung oder Scheidung kann das ganze Familiengefüge durcheinanderwirbeln. Oft leiden nicht nur die Kinder unter dem emotionalen Bruch, sondern auch Grosseltern, Paten oder enge Bezugspersonen, die dem Kind nahestehen. Viele fragen sich dann: Haben wir als Dritte einen rechtlichen Anspruch auf Kontakt zu den Kindern? Das Besuchsrecht für Dritte in der Schweiz ist zwar nicht selbstverständlich, doch es gibt Ausnahmen, wenn das Kindeswohl es erfordert – auch über die leiblichen Eltern hinaus.

 

Das Kindeswohl im Zentrum: Die Basis für jedes Besuchsrecht

 

In der Schweiz steht das Wohl des Kindes bei allen Fragen rund um dessen Betreuung und Beziehungen an erster Stelle. Das gilt auch, wenn es um das Besuchsrecht Dritter geht. Das Gesetz sieht grundsätzlich vor, dass nur Eltern, denen die elterliche Sorge oder Obhut nicht zusteht, einen Anspruch auf persönlichen Verkehr mit dem Kind haben (Art. 273 ZGB). Für Dritte ist die Hürde deutlich höher.

 

Wann haben Dritte einen Anspruch auf Besuchsrecht?

 

Ein Besuchsrecht für Dritte, wie Grosseltern, Stiefeltern oder andere nahestehende Personen, kann die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) oder das Gericht nur unter ausserordentlichen Umständen einräumen. Das bedeutet: Es braucht mehr als nur den Wunsch nach Kontakt.

Folgende Punkte sind dabei entscheidend:

  • Enge, gefestigte Beziehung: Die betreffende Person muss bereits eine sehr enge, über längere Zeit gewachsene und gefestigte Beziehung zum Kind haben. Dies ist oft bei Grosseltern der Fall, die regelmässig die Betreuung des Kindes übernommen haben.
  • Wichtige Bezugsperson: Die dritte Person muss für die Entwicklung des Kindes eine bedeutsame Rolle spielen. Ihr Kontakt soll das Kind positiv beeinflussen.
  • Förderung des Kindeswohls: Der persönliche Verkehr muss dem Kindeswohl dienen und es fördern. Das Gericht prüft genau, ob der Kontakt für das Kind vorteilhaft ist. Ein erzwungenes Besuchsrecht gegen den Willen der Obhutsperson oder des Kindes würde dem Kindeswohl selten dienen.
  • Keine Beeinträchtigung der Eltern-Kind-Beziehung: Das Besuchsrecht Dritter darf die Beziehung des Kindes zu seinen Eltern nicht stören oder gar negativ beeinflussen.

 

Der Weg zum Besuchsrecht für Dritte: KESB oder Gericht

 

Wenn Sie als Dritte ein Besuchsrecht beantragen möchten und sich mit den Eltern nicht einigen können, ist die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) am Wohnort des Kindes die erste Anlaufstelle. Sie prüft die Situation und entscheidet, ob die Voraussetzungen für ein Besuchsrecht vorliegen. Auch hier steht das Kindeswohl im Vordergrund. Gegen einen KESB-Entscheid kann man Beschwerde bei Gericht einlegen.

 

Mediation als Brücke für den Familienfrieden

 

Oft ist es besser, eine einvernehmliche Lösung zu finden, statt einen rechtlichen Kampf zu führen. Eine Familienmediation kann helfen, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen. Ein neutraler Mediator unterstützt dabei, eine für alle akzeptable Regelung zu finden. Das schont die Nerven und ermöglicht eine bessere Basis für zukünftige Kontakte zum Kind.

 

Fazit: Selten, aber möglich

 

Ein Besuchsrecht für Dritte ist in der Schweiz kein Automatismus. Es ist an strenge Bedingungen geknüpft, die das Kindeswohl klar in den Vordergrund stellen. Wenn Sie eine tiefe, positive Beziehung zu einem Kind haben und diese aufgrund einer Trennung gefährdet ist, lohnt es sich, die Möglichkeiten der KESB oder der Mediation zu prüfen.

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