Hypothetisches Einkommen Schweiz – Was Gerichte wirklich erwarten

Eine Trennung oder Scheidung ist eine emotionale Achterbahnfahrt. Doch sie zwingt Sie auch, Ihre Finanzen neu zu ordnen – besonders beim Thema hypothetisches Einkommen Schweiz. Plötzlich steht das Einkommen beider Partner im Fokus der Unterhaltsberechnung. Was passiert aber, wenn ein Partner weniger verdient, als er eigentlich könnte? Hier kommt der juristische Fachbegriff des hypothetischen Einkommens ins Spiel. Er klingt kompliziert, doch er betrifft viele normale Bürgerinnen und Bürger in der Schweiz.

Gerichte stellen bei der Unterhaltsfestsetzung grundsätzlich auf Ihr tatsächliches Einkommen ab. Reicht dieses jedoch nicht aus, um den eigenen und den Kindesunterhalt zu decken, prüft das Gericht, ob ein höheres Einkommen zumutbarund möglich wäre.

 

Die drei Grundpfeiler des hypothetischen Einkommens

 

Damit Ihnen ein Gericht ein höheres, hypothetisches Einkommen anrechnet, müssen drei Hauptkriterien erfüllt sein (wie es auch die aktuelle Gerichtspraxis, z. B. in Erwägung 5.1, vorsieht):

  1. Die Zumutbarkeit: Ist es Ihnen objektiv möglich, das höhere Pensum oder die neue Stelle anzunehmen? Gerichte prüfen dabei Ihre Ausbildung, Berufserfahrung, Ihren Gesundheitszustand und die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt. Die Arbeitsaufnahme muss zumutbar und realistisch sein.
  2. Die Anpassungsfrist (Délai): Man kann von Ihnen nicht erwarten, dass Sie sofort mehr verdienen. Das Gericht gewährt Ihnen deshalb eine angemessene Frist (Délai) zur Stellensuche oder zur Aufstockung Ihres Pensums. Die Dauer dieser Frist hängt stark von den Umständen ab, zum Beispiel, ob die Notwendigkeit zur Arbeitsaufnahme bereits vorhersehbar war.
  3. Der Altersfaktor: Früher galten starre Altersgrenzen, doch die heutige Rechtsprechung sieht das flexibler. Es gibt keine starre Altersgrenze, über der man Ihnen keine Erhöhung der Erwerbstätigkeit mehr zumuten könnte. Sind Sie bereits erwerbstätig, ist die Aufstockung des Pensums oft auch im fortgeschrittenen Alter zumutbar.

 

Wichtige Handlungsempfehlung für Betroffene

 

  • Dokumentieren Sie: Zeigen Sie aktiv auf, dass Sie sich um eine (höhere) Stelle bemühen. Bewahren Sie Bewerbungsunterlagen, Absagen und Nachweise Ihrer Bemühungen auf.
  • Bleiben Sie realistisch: Das Gericht rechnet Ihnen nur ein Einkommen an, das Sie bei gutem Willen und realistischen Bemühungen tatsächlich erzielen könnten.

 

Fazit: Klarheit bringt Sicherheit

 

Das hypothetische Einkommen ist ein wichtiges Element im Schweizer Unterhaltsrecht, besonders in Eheschutzmassnahmen. Es dient dem Grundsatz, dass jeder Ehepartner für den eigenen und den Kindesunterhalt aufkommen soll, wenn es ihm zumutbar ist. Verstehen Sie die Prinzipien der Zumutbarkeit und der angemessenen Frist, weil Sie dadurch Ihre finanzielle Zukunft besser planen können.

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