Vorsorgeausgleich bei Scheidung – Das sind die Verfahrensgrundsätze

Eine Scheidung verändert alles – emotional und finanziell. Besonders der Vorsorgeausgleich bei Scheidung wirft viele Fragen auf. Was passiert mit der 2. Säule? Wie wird die Altersvorsorge geteilt, wenn ein Ehegatte wegen Kinderbetreuung oder Teilzeitarbeit weniger angespart hat? Der Vorsorgeausgleich (Art. 122 ff. ZGB) sorgt dafür, dass beide Ehegatten die während der Ehe aufgebauten Ansprüche aus der beruflichen Vorsorge hälftig teilen. Dieses Prinzip schützt Sie, doch das Verfahren folgt klaren Regeln.

 

Das Gericht ermittelt den Sachverhalt aktiv (Untersuchungsmaxime)

 

Im erstinstanzlichen Scheidungsverfahren gelten für den Vorsorgeausgleich die sogenannte Untersuchungsmaximeund die Offizialmaxime. Was bedeutet das für Sie?

  • Aktive Ermittlung: Das Gericht ist nicht nur auf Ihre Anträge angewiesen. Es muss den Sachverhalt von Amtes wegen ermitteln. Dies betrifft besonders die Höhe der Pensionskassenguthaben. Das Gericht fordert die notwendigen Auskünfte bei den Vorsorgeeinrichtungen an.
  • Ihre Pflicht zur Mitarbeit: Die Untersuchungsmaxime entbindet Sie trotzdem nicht von Ihrer aktiven Mitarbeit. Informieren Sie das Gericht vollständig und liefern Sie alle relevanten Dokumente und Angaben. Verstecken Sie nichts. Wenn Sie beispielsweise wissen, dass der andere Ehegatte einen Vorbezug für Wohneigentum getätigt hat, müssen Sie dies dem Gericht mitteilen.

Merke: Das Gericht hilft Ihnen, alle Fakten für den Vorsorgeausgleich zusammenzutragen. Ihre Ehrlichkeit und Offenheit sind aber entscheidend für ein faires Urteil.

 

Vorsicht im Berufungsverfahren: Das Novenverbot (Art. 317 ZPO)

 

Die aktive Ermittlungspflicht des Gerichts endet in der ersten Instanz. Legen Sie gegen den Entscheid Berufung ein, gilt die Regelung von Art. 317 ZPO – das sogenannte Novenverbot.

Das bedeutet:

  • Neue Tatsachen sind ausgeschlossen: Neue Tatsachen und Beweismittel, die Sie im ersten Verfahren hätten vorbringen können, sind in der Berufung in der Regel unzulässig.
  • Konsequenz: Haben Sie in der ersten Instanz wichtige Informationen oder Belege zum Vorsorgeausgleich zurückgehalten, können Sie diese später im Berufungsverfahren nicht mehr nutzen.

Handlungsempfehlung: Arbeiten Sie von Anfang an eng und transparent mit Ihrem Anwalt zusammen. Stellen Sie sicher, dass alle Unterlagen (Heiratsdatum, Einleitung des Scheidungsverfahrens, PK-Auszüge beider Parteien) vollständig beim Gericht eingereicht werden.

 

Fazit

 

Der Vorsorgeausgleich ist ein zentraler Bestandteil Ihrer Scheidung. Die juristischen Verfahrensgrundsätze in der Schweiz sind darauf ausgerichtet, Ihre Altersvorsorge fair zu regeln. Nutzen Sie die Untersuchungsmaxime der ersten Instanz, indem Sie aktiv und vollständig mitarbeiten. Später haben Sie kaum mehr eine Chance, Fehler zu korrigieren.

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