Die Ermittlung des Einkommens von Selbständigen im Rahmen einer Scheidungsverfahren nach Schweizer Recht

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In einem Scheidungs- oder Trennungsverfahren spielen finanzielle Aspekte eine zentrale Rolle. Dabei ist die Ermittlung des Einkommens entscheidend für die Festlegung von Unterhaltszahlungen, Beiträgen zum Lebensunterhalt der Kinder und der Aufteilung des Vermögens. Für Selbständige kann die Einkommensbewertung komplexer sein als für Angestellte, da ihre Einkünfte schwanken und verschiedene Abzüge möglich sind. Im Schweizer Recht ist diese Frage durch verschiedene gesetzliche Bestimmungen geregelt, insbesondere durch die Artikel 276, 285 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB) und 296 Abs. 1 der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO).

Die Rechtsgrundlagen im Schweizer Recht

In der Schweiz basiert die Ermittlung des Einkommens von Selbständigen auf mehreren Artikeln des Zivilgesetzbuches (ZGB) und der Zivilprozessordnung (ZPO), die eine gerechte Vermögensaufteilung bei der Trennung der Ehepartner gewährleisten sollen.

  1. Artikel 276 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB)
    Dieser Artikel sieht vor, dass im Rahmen eines Scheidungs- oder Trennungsverfahrens das Einkommen der Parteien ermittelt werden muss. Ziel ist es, die finanziellen Mittel jedes Ehepartners zu berücksichtigen, um Unterhaltszahlungen und die Vermögensaufteilung festzulegen. Dieser Artikel macht keinen speziellen Unterschied zwischen Angestellten und Selbständigen, was die Einkommensbewertung für Selbständige erschwert.
  2. Artikel 285 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (ZGB)
    Artikel 285 ZGB legt fest, dass bei der Ermittlung des Einkommens nicht nur das Nettogehalt berücksichtigt werden muss, sondern auch die Bedürfnisse der Parteien. Ein Selbständiger kann Einkünfte haben, die je nach Jahreszeit oder wirtschaftlicher Entwicklung seiner Tätigkeit schwanken. Das Gericht muss diese Einkünfte realistisch bewerten und dabei die Stabilität und wirtschaftlichen Aussichten des Selbständigen berücksichtigen.
  3. Artikel 296 Abs. 1 der Schweizerischen Zivilprozessordnung (ZPO)
    Dieser Artikel gibt dem Gericht die Möglichkeit, die Vorlage aller notwendigen Unterlagen zu verlangen, um ein zuverlässiges Einkommen zu ermitteln, insbesondere im Falle von Selbständigen. Dazu gehören buchhalterische Unterlagen, Steuererklärungen und alle anderen Belege, die es dem Gericht ermöglichen, die finanzielle Situation des selbständigen Ehepartners korrekt zu erfassen.

Wie wird das Einkommen eines Selbständigen in der Praxis ermittelt?

Die Ermittlung des Einkommens eines Selbständigen im Schweizer Recht basiert auf einer detaillierten Analyse unter Berücksichtigung mehrerer Faktoren, um eine gerechte und faire Schätzung zu gewährleisten. Hier sind die wichtigsten Schritte der Einkommensbewertung:

  1. Sammlung der Finanzunterlagen
    Der Selbständige muss folgende Unterlagen vorlegen:

    • Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen der letzten Jahre (in der Regel drei Jahre).
    • Steuererklärungen und Einkommensnachweise der letzten drei Jahre.
    • Geschäftliche und private Kontoauszüge.
    • Nachweise über berufliche Ausgaben wie Betriebskosten, Investitionen oder Abschreibungen.
  2. Analyse des Nettogewinns und der Betriebsausgaben
    Das Einkommen eines Selbständigen lässt sich oft schwieriger bestimmen, da es je nach wirtschaftlicher Aktivität oder saisonalen Schwankungen variieren kann. Das Gericht oder der Richter berücksichtigt nicht nur die angegebenen Nettogewinne, sondern auch die tatsächlichen Betriebsausgaben. Beispielsweise können die Betriebskosten, wie z. B. Ausgaben für Materialien oder Geschäftsraum, vom Einkommen abgezogen werden, um ein realistisches Bild der finanziellen Leistungsfähigkeit zu erhalten.
  3. Durchschnittsberechnung über mehrere Jahre
    Wenn die Einkünfte sehr schwanken, kann das Gericht entscheiden, das durchschnittliche Einkommen über mehrere Jahre zu berechnen. Dies ermöglicht es, die Auswirkungen von außergewöhnlich ertragreichen oder schwierigen Jahren auszugleichen.
  4. Berücksichtigung von Sachleistungen
    Zusätzlich zum Nettoeinkommen müssen auch Sachleistungen berücksichtigt werden, die der Selbständige erhält, wie z. B. die Nutzung eines Fahrzeugs oder die Bereitstellung einer Wohnung. Diese Leistungen können die finanzielle Leistungsfähigkeit erhöhen und müssen in der Berechnung der Einkommensverhältnisse berücksichtigt werden.
  5. Einschaltung von Experten
    In einigen Fällen kann das Gericht einen Steuerberater oder einen Finanzexperten hinzuziehen, um eine genauere Einschätzung des Einkommens eines Selbständigen zu erhalten. Diese Expertise sorgt für eine objektive und realistische Bewertung der finanziellen Situation des Selbständigen.

Fazit

Die Ermittlung des Einkommens eines Selbständigen im Rahmen einer Scheidung nach Schweizer Recht mag komplex erscheinen, ist jedoch notwendig, um eine faire Vermögensaufteilung zu gewährleisten. Die Artikel 276 und 285 des Schweizerischen Zivilgesetzbuches sowie Artikel 296 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bieten rechtliche Grundlagen, um diese Einkommensbewertung vorzunehmen. Das Gericht kann auf buchhalterische und steuerliche Dokumente zurückgreifen, um eine gerechte und präzise Einkommensschätzung zu erhalten.

Wenn Sie selbständig sind und sich auf ein Scheidungsverfahren vorbereiten, ist es ratsam, einen Anwalt oder Steuerberater hinzuzuziehen, der Sie bei diesem komplexen Schritt unterstützt. Eine präzise Einkommensbewertung ermöglicht es, eine faire Einigung zu erzielen, die den gesetzlichen Anforderungen des Schweizer Rechts entspricht.

Weil eine Scheidung auch dann friedlich verlaufen kann, wenn die finanziellen Fragen komplex erscheinen.

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